Vorschlag für

Leitsätze der LHB zum „Assistierten Suizid“

 

  • Aufgabenstellung

Die Lübecker Hospizbewegung mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen hat sich die Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen als Aufgabe gestellt und viele Mitarbeitende setzten sich mit großem Engagement in dieser Arbeit ein.

Doch nun sind wir herausgefordert: Was machen wir, wenn statt Sterbebegleitung der Wunsch nach Sterbehilfe an uns herangetragen wird?

2.) Die Rechtslage

A.)2015 hatte der Bundestag den §217 im Strafgesetzbuch neu beschlossen. Mit diesem Gesetz wurde die geschäftsmäßig betriebene Sterbehilfe unter Strafe gestellt. Auch Ärzte standen damit unter Strafandrohung bei Suizidhilfe. Dagegen klagten Privatpersonen, Sterbehilfevereine und Ärzte erfolgreich beim Bundesverfassungsgericht (BVG). Im Februar 2020 entschied das BVG, dass §217 nicht mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Es dürfe keinen „gegen die Autonomie gerichteten Lebensschutz“ geben. Das „Selbstbestimmungsrecht“ beinhalte auch das Recht auf Selbsttötung, wenn dies ein „Akt autonomer Selbstbestimmung“ sei. Dazu gehöre auch die freie Entscheidung, eine zweite Person um Hilfe zur Selbsttötung zu bitten. Es gibt für Ärzte keine Verpflichtung zur Sterbehilfe, aber auch kein Verbot.

B.)Der Bundestag wird zeitnah neue Regelungen zum „assistierten Suizid“ beschließen. Ein Gesetzentwurf vom März 2022 fordert ausführliche Beratung des Suizidwilligen durch Psychiater und Ärzte.

3.) Gesprächsbereit

Es vertrauen sich uns Menschen an, deren Lebenszeit begrenzt ist. Die Krankheit kann durchaus den Wunsch hervorrufen, „so“ nicht mehr weiterleben zu wollen.

  • Wir gehen in jedes Gespräch offen und ohne Vorbedingungen. Wünsche und Bedürfnisse der Patienten werden ernst genommen – auch der Todeswunsch.
  • Wir respektieren die Selbstbestimmung jedes Menschen.
  • Wir begleiten, beraten und informieren.
  • Als Mitarbeitende der Lübecker Hospizbewegung sehen wir auch die Grenzen unserer Beratung. Die hospizliche und palliative Unterstützung ist begrenzt, da kein assistierter Suizid durch Mitarbeitende der LHB durchgeführt wird.
  • In diesem Fall muss die Beratung und Durchführung von anderen übernommen werden. Eine Weiterbegleitung durch die LHB ist möglich.
  • Wir sehen unseren Auftrag im Aufzeigen von Alternativen zum Suizid.
  • Wir informieren über die Patientenverfügung und beraten zur Möglichkeit einer Vorsorgevollmacht.

 

  • Außerdem sind die Beweggründe für den Suizidwunsch auch mit den Angehörigen zu bedenken. Unser Gesprächsangebot kann auch vor Fremdbestimmung bewahren: Wer oder was hat den Wunsch nach Selbsttötung beeinflusst?

 

4.) Möglichkeiten der palliativen Versorgung

Wir wissen, dass es keine Garantie für ein schmerzfreies Lebensende gibt. Und doch können manche Befürchtungen abgebaut werden.

  • In Lübeck ist die Möglichkeit palliativer Versorgung Schwerstkranker gut.
  • Die Palliative Versorgung ist durchaus eine positive Alternative: Linderung von belastenden Symptomen, Begleitung beim freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken, keine lebensverlängernden Maßnahmen, palliative Sedierung am Lebensende.

 

5.) Das bedeutet für das Team der Haupt- und Ehrenamtlichen der LHB:

A.)      Mit der neuen Rechtslage ist eine gesellschaftspolitische Diskussion entstanden, der wir uns nicht entziehen können und wollen. Die Mitarbeitenden in unserer Hospizarbeit stehen auch in dem Spannungsfeld der Meinungen und müssen eine Position finden.

B.)      Auch wenn die LHB in ihrem Handeln bei der Sterbebegleitung bleibt und aktive Hilfe beim assistierten Suizid ablehnt, hüten wir uns vor der Bewertung der persönlichen Haltung unserer Mitarbeitenden.

C.)      Es bedarf weiterer Aufklärung und Fortbildung der Ehrenamtlichen. Bei Anfragen nach assistiertem Suizid sind Fallbesprechungen intensiv zu führen.

D.)      Wir fordern, dass der Staat entsprechend personell ausgestattete Beratungseinrichtungen schaffen wird.

 

„ Arbeitsgruppe assistierter Suizid“ der LHB

  1. Juni 2022